Vorschau auf Modul 1: Die Grundlagen

Posted by Andi Pawelke and Simon Höher
— 4 min read
Vorschau auf Modul 1: Die Grundlagen

In unserem Kurs Öffentliche Innovation Neu Denken erkunden wir in drei Modulen, was es bedeutet, einen neuen Blick auf öffentliche Innovation zu werfen, und wie es uns gelingt, Veränderung systemisch zu gestalten.

Wir starten Modul 1 mit einer Klärung der zentralen Begriffe. In dem Kurs werden wir viele Konzepte und Begriffe besprechen, die mitunter noch recht neu sind oder unterschiedlich definiert und angewandt werden (z.B. Portfolios). Daher ist es uns wichtig, schon zu Beginn Klarheit über das Handlungsfeld zu haben, in dem wir uns bewegen werden.

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Begriffsklärung

Wir nutzen den Begriff öffentliche Innovation für gesellschaftliche, soziale, ökologische, wirtschaftliche und viele andere Transformationsprozesse, die gesellschaftlichen Mehrwert erzeugen.

Öffentlich steht hier im Gegensatz zu privat – und damit als gesellschaftliche und umfassende Perspektive: Uns geht es um Prozesse, die getragen von unseren Institutionen, Verwaltungen und Communities das ermöglichen, was oft unter den etwas verstaubten Begriff der Daseinsvorsorge fällt.

An anderer Stelle haben wir bereits über die Unterscheidung von Invention (der bloßen Erfindung einer oftmals technologischen Lösung) und Intervention (dem Eingriff in gesellschaftliche (Öko-)Systeme mit dem Ziel der nachhaltigen Gestaltung von Veränderung) gesprochen.

Wir wollen keine Definitionsschlachten führen. Es geht uns vor allem darum, ein Verständnis zu wecken für die Frage, wie Veränderung in komplexen Systemen tatsächlich geschieht und wie wir diese Änderung anstoßen, begleiten und beeinflussen können. Denn gesellschaftliche Veränderung ist recht eigentümlich: Sie ist oft hoch erwünscht, unglaublich schwer zu gestalten, zu steuern und zu messen – und gleichzeitig allgegenwärtig und eigentlich die einzige wirklich Konstante in unserer Arbeit. 

Öffentliche Innovation bedeutet für uns also: Ein tiefes und reflektiertes Verständnis von Veränderungsprozessen zu entwickeln, das es erlaubt, Interventionen zu gestalten, die einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen. Aus der Frage danach, Was zu tun ist, wird also zuallererst eine nach dem Wie: Wie können wir unsere gesellschaftlichen Institutionen, unsere Verwaltungen und Behörden so gestalten, dass wir den vielen Krisen unserer Zeit kompetent begegnen lernen? Wie können wir Transformationsprozesse so koordinieren, dass sie nachhaltigen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugen? Und wie gelingt uns das ohne einfach die Innovationsmethoden aus der Welt von Start-Ups und Venture Capital, also des Privatsektors, zu übertragen? Diese Methoden basieren oft auf Denk- und Handlungsmuster, die sich als wenig geeignet zur Bewältigung der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erwiesen haben.

Ablauf Modul 1: Ein neuer Blick

Wir wollen gemeinsam erkunden, was es heißt, wenn wir in unserer Innovationsarbeit diesen neuen Blick zugrunde legen. Die folgenden (und weitere) Fragen werden wir daher in Modul 1 beleuchten:

Was ist öffentliche Innovation und warum ist sie wichtig? 

Neben grundlegenden Fragen von Konzepten und Begriffen (siehe oben), betrachten wir auch Entwicklungen und Strömungen im Bereich der öffentlichen Innovation. In den letzten Jahren haben wir eine Verschiebung von taktischer, eher inkrementeller Innovation hin zu strategischer, oft systemisch ausgerichteter Innovation wahrgenommen. Die Denkmuster ändern sich und damit auch die Methoden, Werkzeuge und organisatorischen Strukturen. Öffentliche Innovation ist im Wandel und das ist Chance und Herausforderung zugleich, für alle Akteure, die diesen Wandel mitgestalten wollen. Eine so simple wie zentrale Erkenntnis dabei: Öffentliche Innovation benötigt eine Richtung, ein Ziel, einen Zweck, oder wie es die Ökonomin Mariana Mazzucato formuliert hat: “Innovation has not only a rate but also a direction.”

Worin unterscheiden sich "complexity-informed approaches" von anderen Ansätzen? 

Auch wenn “kompliziert” und “komplex” im Alltag häufig synonym verwendet werden, so macht es doch einen erheblichen Unterschied, ob wir ein Problem als kompliziert oder als komplex bezeichnen. Komplizierte Probleme folgen linearen Kausalitäten (x→y). Komplexe Probleme hingegen zeichnen sich durch Unschärfe und zirkuläre Wirkungsketten (x→y→?→x) aus. Behandeln wir öffentliche Innovationsherausforderungen wie komplizierte Probleme, wenden wir schlicht die falschen Ansätze an ("single point solutions" statt "complexity-informed approaches") an. Komplexe Probleme dagegen erfordern die Einsicht,  dass einzelne, isolierte Interventionsprojekte dem Problemkomplex gar nicht Rechnung tragen können. Oder anders gesagt: “For every complex problem, there's a solution that is simple, neat, and wrong” (H.L. Mencken).

Dabei sollten wir jedoch nicht in Ehrfurcht erstarren und jedes komplexe Problem ignorieren, weil ja es ohnehin nicht zu “lösen” ist (eine weitere Eigenschaft von komplexen Problemen). Dass wir Komplexität reduzieren müssen, steht außer Frage und ist sogar notwendig – die Frage ist, wie genau wir das tun. Denn, so unser Gast für Modul 1, Giulio Quaggiotto: “The more you simplify things, the more you run the risk of distorting them.”

Welche Ansätze gibt es, um komplexe Herausforderungen anzugehen?

In Modul 1 beginnen wir uns mit Missionen, Integrierten Lösungen und Portfolios of Strategic Options zu befassen. Allen diesen Ansätzen ist gemein, dass sie auf einen "Nordstern" und nicht auf ein starres Ziel ausgerichtet sind, ihre Interventionen sind dezentral, aber vernetzt, kontinuierliches Lernen ist zentral. Es geht um kollektive Koordination und Anpassung an externe Gegebenheiten und Dynamiken, nicht um die Illusion von Kontrolle.

Viel zu selten betrachten wir in unseren Ansätzen den Mehrwert von Langsamkeit, Reibung, Ungeplantem und Unübersichtlichem. Unsere Institutionen versuchen immer noch, die vielen zusammenhängenden Krisen und Entwicklungen unserer Zeit auf Zuständigkeiten und Projektpläne zu verteilen. Dabei müssten wir es eigentlich besser wissen: Seit mindestens dem letzten Jahrhundert bieten uns die Erkenntnisse aus Systemischem Denken und Komplexitätswissenschaften eine großartige Handhabe für den Umgang mit solchen vernetzten (und verzwickten) Problemen an.

Von Beispielen und Gästen lernen

In unserer Ankündigung des Kurses versprechen wir viele Einblicke aus der praktischen Anwendung. Zum einen schöpfen wir dabei aus einer wachsenden Zahl von dokumentierten Erfahrungen aus ganz unterschiedlichen Regionen, Sektoren und Organisationen wie:

In Modul 1 wird uns außerdem Giulio Quaggiotto über seine Erfahrungen mit systemischer Innovation in Organisationen wie UNDP und Climate-KIC berichten. Er wird uns verraten, wie "Übersetzungsarbeit" gelingt, also den praktikablen Umgang mit Komplexität in Organisationen, die Veränderungen anstreben. Er wird außerdem erläutern, wie man bestehende Ressourcen, Energien und frühe Anzeichen von Veränderung in Organisationen identifiziert (“go where the energy is”) und sich zunutze macht, statt von einem idealen Zukunftsszenario rückwärts zu planen.

Wir sind gespannt!

Alle Infos zu Kurs und Anmeldung:

Protocol Kurs 2024